Es gibt wenige Producerinnen und Producer, deren Musik durch eine so große Vielfalt heraussticht. Beats Radio im Gespräch mit JOPLYN.
Als ich das Zoom-Meeting starte, gehe ich nicht davon aus, dass es ein bestimmtes Thema so häufig erwähnt werden wird: Prinzessin Lillifee. JOPLYN und ich sind ungefähr im selben Alter und für uns beide war die kleine pinke Fee ein Teil unserer Kindheit, aber in diesem Gespräch hätte ich das Thema nicht erwartet. Diesbezüglich ahnungslos starte ich also den Call und nur eine Minute später erscheint das lächelnde Gesicht von JOPLYN auf meinem Bildschirm.
Unter anderem die JOPLYN Tracks "I Won't Stay" und "Can't Get Enough" hört ihr regelmäßig bei uns im Programm. Auch ihren neuen Track "The Sirens (JOPLYN Rework)" gibt es bald bei Beats Radio.
Label: Deutsche Grammophon GmbH, Berlin Release Date: 24. Mai 2024
Beats Radio: Hey JOPLYN! Wie schön, dass das klappt! Vielen Dank für deine Zeit.
JOPLYN: Ich danke dir. Deine Anfrage hat mich mega gefreut. Ich höre Beats Radio immer auf dem Weg zum Flughafen.
Das freut uns sehr! Erzähl doch mal, wie bist du zur Musik gekommen?
Ich bin durch’s Gedichteschreiben zur Musik gekommen. Ich habe mit 5 oder 6 im Deutschunterricht Gedichte geschrieben. Bei mir zu Hause war immer viel Musik und irgendwie hatte ich dann total Lust, auch selbst Musik zu machen. Ich habe dann diese Gedichte parallel vertont. Hinzu kam auch, dass ich durch meine asiatische und klassische Erziehung auch Klavierunterricht hatte. Also habe ich angefangen, die Gedichte ganz abstrakt mit Gesangsmelodie am Klavier zu vertonen. Ich habe auch schon ganz früh gesungen und war praktisch ein wandelndes Radio als Kind.
Wovon haben dann deine ersten Songs gehandelt? Worüber schreibt eine Sechsjährige Gedichte?
Ich glaube früher, waren es tatsächlich Gedichte über Lillifee. Ich habe auch ein Liebesgedicht an meine Mama geschrieben. Es gab einen Song der hieß ‘Mama, ich möchte dich heiraten’ und auch ganz viele über mein damaliges Pferd.
Also diese Lillifee-Tracks finde ich super, die würden mich sehr interessieren. Wie und wann kam dann die elektronische Komponente dazu?
Oh ja da muss ich echt mal schauen, ob ich die noch finde! Das Elektronische kam dann mit 11 oder 12 dazu. Ich bin in Berlin aufgewachsen und da hört man ja aus jeder Ecke der Stadt eine Bassdrum.
Und wie klingt mittlerweile deine Musik? Wie würdest du deinen Klang beschreiben?
Ich sage immer, es ist Melodic-House und Techno mit Vocals. Aber ich mache eher elektronische Musik genauso breit gefächert wie sie ist. Ich will mich da gar nicht von einem Genre restriktiveren lassen.
Unsere Musikredaktion und ich sind uns einig, du bist auf jeden Fall eine der Producerinnen mit der vielfältigsten Musik. Man hat bei dir bei jedem Track das Gefühl, in ein anderes Genre reinzuhören. Wie kam es dazu?
Oh, vielen Dank für das Kompliment! Ich habe zu viele Interessen und Musikrichtungen, aus denen ich Inspirationen schöpfe. Ich höre auch gerne mal Klassik oder Rock oder natürlich elektronische Musik. Es gibt so viele Subgenres und Nischen, in die man sich reinfuchsen kann. Ich denke, das hört man auch. Ich habe eine Zeit lang ganz viel arabische Musik gehört und versucht, das in meine Musik mit einzugliedern. Das ist meine Art immer wieder was neues zu machen.
Stellt dich dieser Mix auch manchmal vor Herausforderungen?
Live ist es manchmal schwer zu kombinieren. Es ist eben nicht ein Song, der durchläuft, sondern hat viele Höhen und Tiefen. Ich probiere aber einfach nicht zu viel darüber nachzudenken.
Hattest du denn bisher einen Lieblingsgig?
Ich muss sagen, der, der mich für immer in Erinnerung bleiben wird, ist mein erster Gig. Der war in Istanbul direkt am Wasser, bei Sonnenuntergang. Es waren viele Freunde von mir da und es war einfach mega aufregend.
Wie kam es dazu, dass dein erster Gig in Istanbul war?
Es war ziemlich random. Es war mit meinem Kumpel Jan Blomqvist. Der hatte eine Show in Istanbul und hat mich dem Veranstalter vorgeschlagen und ich wurde dazu gebucht. Das war auch super, mein erster Gig war in einem fremden Land und da war es sehr beruhigend, jemanden dabei zu haben, dem man vertraut.
Gibt es denn etwas, das immer bei dir auf Tour dabei sein muss? Ein Lillifee Hörspiel zum Beispiel?
Haha ja ich merke schon, ich schreibe nochmal einen Lillifee Song nur für dich!
Ich habe tatsächlich ein Schnuffeltuch, das muss immer dabei sein. Das habe ich schon seit meiner Kindheit und ein altes T-Shirt von meiner Mama, das habe ich ihr auch mal als Kind abgeluchst. Für meine Stimme habe ich auch immer etwas zum befeuchten der Stimmbänder dabei.
Bist du dann lieber auf der Bühne oder im Studio?
Ich glaube, am liebsten bin ich kreativ. Egal ob im Studio oder auf der Bühne. Primär ist das natürlich im Studio, aber manchmal entsteht auch etwas auf der Bühne.
Von all deinen Tracks, welcher ist dein Liebster?
Von allen Veröffentlichten oder allgemein?
Gerne allgemein!
Alle Künstler finden vermutlich das, was sie gerade machen am geilsten. Vor einer Woche habe ich tatsächlich mein neues Album abgegeben. Da ist mein allererster Song auf Deutsch drauf. Der heißt ‘Fräulein B’. Das ist ein Liebesgedicht, das ich in der Schule an Berlin geschrieben habe. Das ist zurzeit mein allerliebster Lieblingssong.
Booka Shade und dich verbindet auch eine schon längere Geschichte, oder?
Sie sind wirklich meine Mentoren. Ich arbeite schon so lange mit ihnen zusammen. Mein allererster Song war auch eine Kollaboration mit den beiden. Ich kann mir immer ehrliches Feedback von ihnen holen.
Und wann erscheint dann dein Album "Silverlake" und wieso der Name?
Das neue Album soll im September erscheinen. Es heiß “Silver Lake”. Ich gehe nämlich immer an einen Ort und mache dort ein Album. Nach diesem Ort wird dann das Album benannt und diesmal war es eben Silver Lake in Los Angeles.
Ein weiteres wichtiges Thema in deiner Karriere ist auch der Feminismus in der Musik. Wie ist es für dich als junge Frau im Musikbusiness?
Es ist durchwachsen. Natürlich ist man immer das einzige Mädel, zum Beispiel beim Artist-Dinner. Man wird oft auf sein Aussehen reduziert und sexualisiert. Oft wird einem nicht abgekauft, dass man das wirklich alles macht. Häufig kommt die Frage ‘Wer ist denn da der Mann im Hintergrund?’ Andererseits ist es aber auch cool, eben weil man immer heraussticht. Auch echt viele Männer sind sehr offen dafür, diesen Space zu öffnen und mehr Frauen willkommen zu heißen.
Du setzt dich ja auch viel für die Gleichberechtigung ein…
Man ist ja auch einfach Teil des weltweiten Movements als Frau. Wenn du laut bist und das machst, was du liebst. Man inspiriert automatisch andere Frauen dazu, auch zu sich zu stehen. Ich sage immer ‘Representation is everything’. Das hat auch mich zur Musik gebracht, ich hatte starke Frauen als Leitbilder in meiner Kindheit. Das ist neben der Musik meine Mission, dass es ein offenerer Space wird.
Warum denkst du, halten sich viele Frauen noch vom elektronischen Bereich fern?
Ich glaube, ein Grund ist auch, dass es nach außen oft nach etwas Technischem aussieht. Technik ist ja auch eher als Männerding abgestempelt. Ich versuche den kreativen Prozess zu zeigen und wie viel Spaß das macht.
Bekommst du dann auch Feedback zu deiner Aufklärungsarbeit?
Auf jeden Fall. Ich habe oft auch Panel Talks und wenn dann Mädels zu einem kommen und vollkommen Feuer und Flamme sind, das ist ein tolles Gefühl. Im Musikbusiness gibt es auch eine WhatsApp-Gruppe mit vielen Frauen, von den höchsten Tieren bei Labels bis hin zu den kleinsten Producerinnen. In dieser Gruppe ist jeder auf dem gleichen Level und man hilft sich gegenseitig. Das ganze heißt ‘She is the music’. Das ist ein Movement im ganzen Business.
Toll, wir Frauen müssen einfach alle zusammenhalten.
Auf jeden Fall! Uns Frauen wird auch dieses Konkurrenzdenken untereinander so viel mehr eingetrichtert als Männern und das müssen wir durchbrechen.
Zum Abschluss noch meine Lieblingsfrage: In einem Satz, was ist Musik für dich?
Musik ist für mich die einzige universelle Sprache, die jeder Mensch spricht.
Alena Kohler / Redaktion