Paul Krenz ist ein wahres Multitalent: DJ und Produzent, mehrfacher Bob EM- und WM-Medaillen-Gewinner, Profisportler und Polizist! Wir haben mit dem Erfurter Musik-Newcomer über seinen ungewöhnlichen Lebensweg gesprochen.
Beats Radio: Deine neue Single „Feel the Vibe“ läuft bei Beats Radio als exklusive Weltpremiere. Der Track ist treibender aber luftiger Afro House mit entspannten Vocals. Ich habe mir mal das Coverbild ein bisschen genauer angesehen. Da entdeckt man Palmen und einen blauen Himmel – allerdings alles hinter einem rosafarbenen Schleier. Ist das der Vibe, den Du mit dem neuen Song vermitteln möchtest – von einer idyllischen, schon fast fantasievollen Welt?
Paul Krenz: Ja, genau das war mir wichtig, rüberzubringen. Ich habe ein kleines Haus am See und wenn da die Sonne untergeht, ist der Himmel immer leicht lila. In dieses Stimmungsbild passt nichts Besseres als Palmen. Und genau dieser Vibe soll mit dem Song rüberkommen: Der Sommer sitzt vor der Tür, jetzt beginnen die geilen Partys, die langen Sommerabende und jetzt ist Urlaub. Ich als ehemaliger Wintersportler fiebere immer extrem auf den Sommer hin. Denn bei uns ist das immer die Zeit gewesen, wo ich in den letzten 10 Jahren dann auch mal in den Urlaub konnte, wenigstens für 14 Tage. Für die Familie war das natürlich die schönste Zeit des Jahres.
Beats Radio: Deine Musik gehört zum Genre Afro-House. Wieso haben es Dir gerade diese afrikanischen Vibes angetan?
Paul Krenz: Bevor ich Profisportler geworden bin, war ich schon als DJ tätig und hatte auch schon ein bisschen produziert. Damals habe ich gemerkt, dass ich auf jeden Fall nach der Sportkarriere wieder mit Musik weitermachen möchte. Letztes Jahr war ich dann in Afrika und das war eine sehr prägende Zeit für mich. Erst da wurde mein Interesse an Afro House geweckt. Für mich war das dann so ein Punkt, wo ich gesagt habe: Okay, wenn du irgendwie Musik machen willst und vielleicht auch mehr Leute erreichen möchtest, solltest du etwas machen, was in Deutschland noch nicht so etabliert ist wie zum Beispiel Deep House oder Tech House – da wäre ich wahrscheinlich in meiner Region einer von vielen Hunderten gewesen... Mit Afro House bin ich jetzt in der Region einer von vielleicht zehn Leuten, die das spielen und selbst auch produzieren.
Beats Radio: Arbeitest du dann auch wirklich mit afrikanischen Künstlern zusammen oder wie darf man sich die Arbeit in diesem Genre vorstellen?
Paul Krenz: Also im Endeffekt ist der Produktionsprozess bei mir immer so: Ich höre ein Lied von einem Künstler, den ich sehr gut finde und dann versuche ich meinen Track ähnlich zu bauen. Das Coole ist aber, dass ich von Ursprung her kein Musiker bin. Dadurch wird das Ergebnis aber auch immer ein ganz anderes als das meiner ursprünglichen Vorlage. Bei den Tracks überlege ich dann immer, wie ich dem Ganzen einen Afrika-Touch geben kann. Für meinen Remix von „Freed from Desire“ habe ich mir beispielsweise afrikanische Sänger geholt. Das gibt dem ganzen Song natürlich noch einmal einen viel authentischeren Vibe.
Beats Radio: Jetzt hast du es vorhin schon ein paar Mal angedeutet: Du kommst eigentlich aus dem Profisport. Das sieht man auch, wenn man dich googelt: Denn dort steht als erstes: „Paul Krenz (Bobfahrer)“. Und da warst du ja ganz schön erfolgreich: Bronze beim Bob-Europacup, Silber bei den Junior Weltmeisterschaften und sogar als Ersatzmann bei Olympia dabei. Du hast vor der Sportkarriere aber auch schon Musik gemacht, fängst jetzt gerade wieder damit an – warum der Sport dazwischen?
Paul Krenz: Ich war mein Leben lang Sportler. Bevor ich zum Bob gegangen bin, habe ich Judo gemacht und war da in der Bundesliga. Währenddessen habe ich Lehramt studiert und nebenbei mit dem Auflegen mein Geld verdient. Musik habe ich also zu dieser Zeit schon immer nebenher gemacht und habe dort auch auf Festivals gespielt, darunter das Sputnik Spring Break Festival. Eines Tages hat dann ein ehemaliger Bobfahrer gemeint: „Du musst mal schieben.“ Ich erfüllte wohl die besten Voraussetzungen dafür: Einerseits war ich ein schneller Läufer aber gleichzeitig eben auch recht schwer – die perfekte Kombination für das Schieben. Daraufhin habe ich im September geschoben und im Februar darauf war ich bereits Vizeweltmeister. Das war eigentlich genau das, was ich immer erreichen wollte. Da war für mich natürlich klar, dass jetzt erst einmal Pause mit der Musik gemacht werden muss. Ich konnte mir die Wochenenden nicht auch noch um die Ohren schlagen, wenn ich gleichzeitig Höchstleistung im Sport erbringen muss. Und mir war klar, dass ich Musik auch noch mit 30, 35 oder 40 machen kann, aber Sport auf Weltniveau – so eine Chance bekommt man fast nie. Da muss man diese Möglichkeit natürlich nutzen! Jetzt, zehn Jahre später, nach ein paar EM- und WM-Medaillen, habe ich gesagt: Es reicht nun mit Sport und ich höre auf. Ich habe soweit alles erreicht bis auf eine Olympia-Medaille. Dann kam aber schon das nächste Großprojekt: Ich wollte das härteste Rennen der Welt mit dem Motorrad fahren. Dieser Motorradsport war im Prinzip wieder ein Profisport – und das neben der ganz normalen Arbeit. Da war die Musik einfach ein richtig guter Ausgleich. Ich habe mich abends dann oben hingesetzt und einfach noch einmal eine Stunde lang Musik produziert, um runterzukommen und alles andere um mich herum zu vergessen. So habe ich nun wieder zurück zur Musik gefunden…
Beats Radio: Also ist es wirklich so, dass Du im Prinzip ein Action-Typ bist, aber diese Musik wirklich als Ausgleich, beziehungsweise fast als Kontrastprogramm siehst?
Paul Krenz: Bis ich die erste Single veröffentlicht habe, war das eigentlich genau so. Und so war das Musikmachen auch eigentlich für mich angedacht: Ich produziere, um runterzukommen. Dieses Jahr habe ich nun ein neues Projekt vor mir: Im August möchte ich zehn 4000er Berge in fünf Tagen besteigen. Und das benötigt natürlich auch wieder Vorbereitung. Deswegen bin ich gerade auch beim Sport gewesen. Abends sitze ich dann aber oben, mache da eine Stunde Musik und komme dabei total runter – ohne Sport, Handy und Social Media. Ich merke natürlich, dass wenn man Musik veröffentlicht, da mehr dranhängt als einfach nur zu produzieren. Das Produzieren ist letztlich eigentlich das Einfachste von allem. Das Vermarkten – wenn du wirklich möchtest, dass Leute deine Musik hören – ist eigentlich dieser schwierigere Part, aber auch das macht mir momentan sehr viel Spaß.
Beats Radio: Wie bist du denn eigentlich zur Musik gekommen, wo Du doch so viel Zeit in Sport investierst?
Paul Krenz: Ich hatte immer so einen Drang zur Musik, habe aber nie ein Instrument gelernt. Meine Mama ist studierte Sängerin und arbeitet als Musiklehrerin. Die Musik liegt also in der Familie… Und ich habe so schon immer gemerkt, dass die Musik halt mega was mit einem macht. Egal was ist: Musik ist immer irgendwie da und ich verbinde mit Musik extrem viele schöne, aber auch schlechte Erinnerungen. Ich weiß ganz genau, welches Lied ich vor welcher Weltmeisterschaft gehört habe. Ich hatte immer bestimmte Musik für die WM, ich hatte Musik für mein Training, ich hatte Musik, wenn ich Bestleistung erbringen sollte. Da bekomme ich heute noch Gänsehaut, wenn ich das Lied dann mal im Radio höre und ich dann ganz genau weiß: da habe ich damals im Kraftraum gesessen oder da gerade eine Bestleistung gemacht. Und genauso ist es aber auch, wenn es halt mal scheiße gelaufen ist. So ein Gefühl schafft halt nur Musik…
Beats Radio: Also gehören Sport und Musik für Dich einfach zusammen?
Paul Krenz: Auf jeden Fall. Gerade in den letzten zehn Jahren war Musik so extrem wichtig für mich: Ein Training ohne Musik ist eigentlich nicht möglich! Wenn Bob-Fahrer im Kraftraum sind, ist die Musik immer komplett laut. Da läuft irgendein Hit oder auch Rap- oder Heavy Metal-Song – je nachdem, was man gerade macht: Ob man gerade eine extreme Ausdauereinheit macht oder in der Vorbereitung für eine Bestleistung steckt – die Musik bringt einen natürlich in einen ganz anderen Trainings-Modus. Und dann habe ich gesagt, dass ich jetzt Musik produzieren möchte, damit die Leute vielleicht einmal meinen Track hören und es mit einer bestimmten Situation verbinden.
Beats Radio: Bei der Vermarktung der Musik ist ja mittlerweile Social Media total wichtig – denn irgendwie muss die Musik ja auch bekannt werden. Es geht (scheinbar) nur noch darum geht, die perfekten 15 Sekunden für das nächste Kurzvideo zu schaffen. Wie empfindest du das als Produzent?
Paul Krenz: Das Positive ist, dass du innerhalb von wenigen Tagen ein solches Reel posten kannst und damit total durchstarten kannst. Das kann dir einen totalen Karrierekick geben. Sowas war früher in dieser Art einfach nicht möglich. Da lief alles immer über Labels, die einen perfekt vermarkten konnten. Jetzt kannst du deinen Song veröffentlichen, dich kennt kein Mensch und dann haut das irgendeinen Influencer in seine Story und du hast vielleicht Glück und bist mit einem Mal bekannt. Das Negative ist trotzdem, dass der Markt natürlich dadurch wesentlich überschwemmt wird. Man muss sich klar sein, dass jeder jetzt die Möglichkeit hat, seine Musik sofort zu veröffentlichen. Wenn du eine gewisse Followerzahl hast, kannst du viel schneller dein Ziel erreichen, wie einer, der vielleicht genauso gut produziert oder besser aber vielleicht nur 200 Follower hat. Ich ziehe da immer gerne den Vergleich zum Sport. Beim Sport zählt eigentlich immer nur die Leistung. Bist du gut, dann fährst du halt die großen Dinger und bei der Musik spielen halt trotzdem viele Faktoren eine Rolle. Du musst extrem gut sein, du musst extrem außergewöhnlich sein, aber du brauchst halt auch diese extreme Reichweite, um schnell wachsen zu können.
Beats Radio: Wenn man sich deinen Social Media Auftritt anschaut, hast du lange Zeit Sport Content gemacht. Der Content hat sich da nun natürlich auch verändert und man findet immer mehr Videos mit deiner Musik. Siehst du Social Media tatsächlich als Möglichkeit, dich als Person in deinen verschiedenen Lebensphasen zu vermarkten?
Paul Krenz: Bei mir ist das Gute: Ich habe einen festen Job und arbeite bei der Polizei, wo ich super zufrieden bin. Auf Social Media mache ich einfach das, worauf ich Lust habe. Klar, wenn ich jetzt gerade Musik mache, poste ich Musik. Als ich mir einen Hund gekauft habe, habe ich lauter Hundecontent geposted. Als ich Motorcross gefahren bin, habe ich das auf Videos festgehalten. Jetzt geht die Berggeschichte los und dann werde ich das natürlich auch posten. Ich verfolge da absolut keinen Plan. Ich mache genau das, worauf ich Lust habe. Wie gesagt, ich bin finanziell absolut abgesichert durch meinen Job. Ich hatte die letzten zehn Jahre lang eine genauestens festgelegte Struktur und da war der Sport Mittelpunkt von allem. Ich hätte dabei gerne auch noch irgendwelche anderen Hobbys gemacht. Aber das war einfach nicht möglich, weil dieser Sport so präsent war. Und jetzt habe ich gesagt: Ab jetzt mache ich einfach das, worauf ich Lust habe! Und genau das mache ich jetzt. Aber klar, ich pushe die Musik natürlich auch, weil ich möchte, dass die Leute das hören. Aber ich würde mich niemals als Influencer bezeichnen. Da ist kein richtiges Ziel dahinter. Bei der Motorradgeschichte war das so, dass da Sponsoren mit eingestiegen sind und das cool fanden. Da sagt man dann natürlich nicht nein. Aber ich hätte das Projekt genauso durchgezogen, wenn keiner eingestiegen wäre, einfach weil das mein Ding ist. Und so mache ich das mit der Musik auch. Ich möchte einfach total unabhängig sein und das nur für mich machen – das ist das Wichtigste.
Beats Radio: Hast du neben deinem Vollzeitjob als Polizist und dem vielen Sport dann überhaupt noch wirklich die Zeit, so viel Musik zu machen? Ich stelle mir das schon ganz schön schwierig vor, alles unter einen Hut zu bekommen.
Paul Krenz: Also momentan ist es bei mir so, dass ich die Musik tatsächlich abends zum Runterkommen mache, so, wie andere ihr Buch lesen. Die Grundideen kommen irgendwie immer auf der Arbeit oder in irgendeinem Einsatz, wo ich dann sage: Ah das könnte ich ja nochmal probieren, oder den könnte ich mal kontaktieren. Ich kontaktiere zum Beispiel immer als erstes irgendwelche Sänger, denen ich sage, dass ich eine Idee habe und das anfangen würde zu produzieren und ob derjenige Bock hat, dazu etwas zu machen. Jetzt zum Beispiel habe ich gerade mit einem Trompeter Kontakt, der mit einem Reel viral gegangen ist, wo er im Auto Trompete spielt. Den habe ich angeschrieben und gefragt, ob er Bock hat, etwas mit mir gemeinsam zu machen. Und der hat natürlich gleich geantwortet und ist dabei. Jetzt warte ich darauf, dass mir irgendetwas einfällt, was ich produzieren möchte und dann fange ich einfach an. Aber wie gesagt: Ich setze mir da kein Limit. Zum Beispiel die Musik, die jetzt rauskommt – „Feel the Vibe“ – ist jetzt schon seit vier oder fünf Monaten fertig. Für mich war es wichtig, eigentlich jeden Monat einen Song rauszubringen, wusste aber, dass ich diese Zeit gar nicht habe. Ich bin daher jetzt mit zwei Tracks in Vorproduktion gegangen, denn im August bin ich ja zum Beispiel wieder zehn Tage weg und auf 4000 Meter Höhe, habe dort kein Internet und keinen Rechner. Deshalb war klar: Okay, ich will jetzt erst mal bauen, bauen, bauen, bevor ich das erste Lied rausbringe. Seit Dezember sitze ich fast jeden Abend an der Musik und produziere Tracks vor, damit ich niemals in so eine Drucksituation komme. Denn wenn Druck ins Spiel kommt, macht es wahrscheinlich keinen Spaß mehr.
Beats Radio: Das heißt es ist für dich wirklich ein Hobby und kein Beruf, von dem du abhängig bist?
Paul Krenz: Das ist 100% ein reines Hobby für mich und alles, was da kommt, ist total schön. Es gibt natürlich nichts Cooleres, als wenn mir ein Freund einen Screenshot schickt, wie mein Track im Radio bei euch läuft oder wenn ein DJ mich verlinkt. Das finde ich natürlich mega geil! Auch was Auftritte angeht: Es ist schön, wenn es kommt. Aber wenn es halt nicht kommt, dann geht die Welt bei mir nicht unter.
Beats Radio: Wenn Du Dich für eines entscheiden müsstest: Musik oder Sport?
Paul Krenz: Boah, das wäre schwierig. Ich glaube, das eine geht nicht ohne das andere. Wenn ich mich entscheiden müsste, wäre es wahrscheinlich der Sport. Aber eigentlich ist es für mich unmöglich, weil ich einfach das eine brauche, um in dem anderen gut zu sein und umgekehrt. Mit Musik kann ich so gut wie jedes Ziel erreichen, das ich mir selbst gesteckt habe!