Rich vom Dorf: “Meine Musik ist immer 100 % Richard”

Interview Rich vom Dorf: “Meine Musik ist immer 100 % Richard”

Sein Opa hat ihm gesagt: Musik machen, ist kein Beruf. Rich hat ihm das Gegenteil bewiesen.

Rich vom Dorf: “Meine Musik ist immer 100 % Richard”Foto: Rich vom Dorf

Rich vom Dorf: Der Name hat mich vermuten lassen, dass Richard vom Dorf kommt (welch Gedankenblitz, ich weiß).  Ich bin selber auch in einer ländlichen Region aufgewachsen und gespannt, warum man sich dazu entscheidet, diesen Punkt im Lebenslauf in seinen Künstlernamen zu packen. Gerade bei seiner Musik, die so warm und mit ganz viel Gefühl ist, wirkt der Name fast zu plump. Außerdem wohnt Richard mittlerweile in Hamburg, warum also nicht „Rich aus der Stadt“? Ich bin gespannt und schon starte ich den Call.

Der neue Track von Rich vom Dorf „Let Me Care“

Label: tächno
Release Date: 08. September 2023
Genre: Dance / Electronic

Beats Radio: Hey Rich, wie schön, dass das heute klappt!

Rich vom Dorf: Hey Alena! Ich freue mich auch sehr. Ich bin ganz schön nervös!

Ach Quatsch, gar keinen Grund! Fangen wir doch mit einer ganz leichten Frage an, die mich wirklich sehr interessiert: Rich vom Dorf - Was ist die Geschichte hinter dem Namen?

*lacht* Ich habe echt jahrelang und auch immer noch gezweifelt, ob ich den möchte. Für manche Menschen klingt der fast ein bisschen dümmlich. Gleichzeitig ist er aber so weird, das prägt sich einfach ein. Meine Freunde haben mich alle immer Rich genannt und dann wollte ich 1999 meine erste Mail Adresse anmelden. Mein echter Name war vergeben, ich kam vom Dorf und dann habe ich einfach das genommen. Bis heute ist es dabei geblieben. Steht sogar in meinem Ausweis.

Ehrlich?

Ja *lacht* da wollte ich es meinem Opa beweisen. Der hat mich mal gefragt, was ich werden will. Als ich gesagt habe: Künstler, meinte er, dass das doch kein richtiger Beruf sei. Um es zu beweisen, habe ich meinen Künstlernamen im Ausweis eintragen lassen.

Hat er dann eingesehen, dass es ein richtiger Beruf ist?

Ja das hat er *schmunzelt*

Wie klingt deine Musik? Wie würdest du sie beschreiben?

Wie würde ich meine Musik beschreiben… Gute Frage. Ich sage eigentlich immer: emotionale elektronische Musik. Hauptsache viel Gefühl.

Was macht emotionale Musik aus? 

Ich mache keinen stumpfen Techno. Auf dem Dancefloor stehe ich total auf „voll auf die Fresse Techno“. Musik zum Hören zu Hause auf der Couch, da möchte ich Musik mit Emotionen. Das darf nicht stumpf sein. Genau diese Musik möchte ich produzieren. Für mich ist Musik immer eine Art Katalysator und da ist ganz viel Richard drin: ganz viel Herz, ganz viel Schmerz, Liebe und Enttäuschung, aber auch Happiness.

Du erzählst also deine Geschichte?

Meine Tracks sind 100 % ich. Meine Musik ist immer 100 % Richard.

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Sein Sound im Laufe der Zeit

Wie bist du zur Musik gekommen?

Meine Eltern waren nicht so musikaffin. Wir hatten nur eine kleine Schallplattensammlung. Das erste Mal, das mich Musik gecatcht hat, war mit einer Weihnachtsplatte mit Kinderliedern. Dann hab ich ein Album von den Puhdys gefunden, das ist so eine Ostrockband und da habe ich als Kind Gänsehaut bekommen beim Hören. Meine Liebe zur Musik kam also ganz intuitiv.

Wann ging es dann zur elektronischen Musik?

Das war kurz nach dem Mauerfall. Ich war 11 oder 12 Jahre alt und bin zu meinem Cousin. Da stand ich vor seiner Tür und habe den Bass schon gespürt. Ich hab das damals gar nicht als Musik wahrgenommen und war nur so: Wow was ist das? Ich war so jung und das hatte mich damals schon gecatcht. Ich wusste sofort, das will ich in meinem Leben.

Wie kam es, dass du gesagt hast: Ich will das selber machen und nicht nur hören?

Tatsächlich fand ich DJ von Anfang an super langweilig und ich wusste, ich will produzieren. Ich hab aber keine musikalische Ausbildung, keinen Klavierunterricht oder so bekommen. Mit 18 habe ich mir dann meine erste Groovebox gekauft und einfach improvisiert. Damals habe ich super experimentelle Chillout Musik gemacht. Mein erster Gig war dann auf dem Fusion-Festival.

Wie hat es sich dann zu deinem jetzigen Sound hin entwickelt?

Ich habe einfach ausprobiert. Anfänglich eben diese Chillout, zwischendrin habe ich auch mal Techhouse gemacht, das habe ich aber gar nicht gefühlt. Zum Glück bin ich dann zu meinem jetzigen Stil gekommen. Es hat ab dann funktioniert, als ich keine Erwartungshaltungen mehr erfüllen wollte, sondern gemacht habe, was ich gefühlt habe. 

Dein Sound klingt sehr analog. Wie gehst du daran? Liegt das Geheimnis auf der Hand und du benutzts einfach viele analoge Synthesizer oder wie schaffst du es, dass die Songs so warm klingen?

Steht auf und zeigt auf sein Studio: Siehst du hier irgendwelche Synthesizer? *lacht* Nein ist alles digital. Schön, dass du sagst, es klingt analog. Es ist bei mir wirklich alles selbst gemacht, vom Producen bis zum Mastering. Ich stecke da alles rein.  Die letzten Monate bin ich jeden Tag im Studio gesessen und habe an meinem neuen Album gearbeitet. Musik machen ist einfach alles für mich.

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Das macht Musik leichter

Wie gehst du an neue Songs oder an ein neues Album ran? Gerade wenn du so viel Gefühl einbaust?

Ganz unterschiedlich. Häufig kommt das auch aus Langeweile oder Einsamkeit heraus. Ich bin nachtaktiv, sitze dann oft im Studio und probiere einfach aus. Ich fange meistens mit Akkorden an und dann entwickelt es sich.

Bist du dann eher ein Bühnen- oder Studiomensch?

Beides. Dieses Jahr war ich viel mehr im Studio. Ich möchte vor allem Gigs spielen, die ich wirklich toll finde. Tolle Events mit tollen Veranstaltern. Ich liebe das Auflegen auch. Ich bin eigentlich super schüchtern, aber ich kann auch eine Rampensau sein. Ich gehe in beidem voll auf.

Jetzt bist du ja schon einige Zeit dabei. Wie hat sich das Musikbusiness im Laufe deiner Karriere entwickelt?

Ich mache das ja schon ewig, auch als Konsument. Auf beiden Seiten hat sich so viel verändert. Als ich angefangen habe, war das Internet noch nicht so groß. Da gab es Zeitschriften, um sich zu informieren. Heute ist das anders. Time changes und wenn wir uns jetzt heute Spotify anschauen: Eine tolle Sache als Konsument.

Wie geht es dir als Künstler mit Streaming? 

Ich bin ein Befürworter. Es hat mir einfach super viele neue Hörer gebracht und Streams. Mit Vinyl- oder MP3-Verkäufen hat man viel weniger Menschen erreicht.

Wenn du in der Zeit zurückreisen könntest und mit dem Rich sprechen würdest, dessen Opa gerade gesagt hat: „Das ist doch kein Beruf", welchen Tipp würdest du dir geben?

Trau es dir früher zu, das würde ich mir sagen und nimm Klavierunterricht. Das macht Musik auch leichter.

In einem Satz, was ist Musik für dich

Liebe.

Alena Kohler

Redaktion